Editorial Mai 2012
Doch im Vorfeld der neuen Richtlinie wurden auch Stimmen laut, die ein Verbot von Provisionszahlungen forderten. Gegner sehen im Umstieg auf ein reines Honorarsystem die Lösung von angeblichen Interessenkonflikten zwischen Konsumenten und Versicherungsvermittlern.
Finnland wird gerne als Beispiel genannt. Dort wurden 2005 Provisionen für Versicherungsmakler verboten. Hintergrund war dort allerdings nicht das Wohl der Konsumenten, sondern die Abschottung des Marktes gegen unliebsame Mitbewerber aus dem benachbarten Ausland. Damit vor allem finnische Betriebe nicht zu günstigeren Versicherern aus dem EU Raum wechseln, wurde auf Drängen der dortigen Versicherungswirtschaft das Vertriebssystem durch Makler torpediert. Die mussten plötzlich Honorare verlangen, während die Angestellten der finnischen Versicherungen und ihre Agenten weiterhin Provisionen erhielten. Plötzlich war es für Kunden teurer, einen Makler zu beauftragen, als sich vom Stammvertrieb beraten zu lassen. Der Rest ist Geschichte: Heute gibt es in Finnland um die Hälfte weniger Makler als 2005 und die Kunden bezahlen im Durchschnitt teurere Prämien, als sie eigentlich müssten. Dieser Feldversuch ist zum Nachteil der Konsumenten gescheitert, was sich inzwischen auch bis nach Brüssel herumgesprochen hat.
Aller Voraussicht nach wird es durch die IMD-2 zu keinem Verbot von Provisionszahlungen kommen, sondern „nur“ zu einer Offenlegung. Dagegen wäre grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn nicht der Teufel wieder mal im Detail liegen würde. Denn Offenlegung ist nicht gleich Offenlegung. Wir bei AFPA meinen, dass die gesamten Kosten eines Versicherungsproduktes in einer europaweit einheitlichen Form ausgewiesen werden sollten. Dadurch wäre einerseits volle Transparenz gesichert, andererseits könnten Kunden und Makler einfach vergleichen, welche Produkte das beste Preis-/Leistungsverhältnis aufweisen. Davon würden alle Beteiligten profitieren. Doch im Gespräch ist derzeit die Offenlegung nur jener Summe, die vom Versicherungsunternehmen an den Vermittler ausbezahlt wird.
Das wäre jedoch eine krasse Verzerrung des Wettbewerbs. Denn: Bei den selbständigen Vermittlern bezahlt das Versicherungsunternehmen mit der Provision alle seine Kosten, beim angestellten Außendienst müssten zusätzlich zur „Provision“ des Vermittlers die Kosten für dessen Betreuer, Vorgesetzte in der Organisation, Lohnnebenkosten, Fixum, Ausbildungskosten u. v. m. gerechnet werden. Dies würde mit ziemlicher Sicherheit einen wesentlich höheren Kostenfaktor als beim selbständigen Versicherungsvermittler ergeben. Ist es Zufall, dass der europäische Versicherungsverband für die angestellten Berater weniger strenge Regeln fordert, als für die selbständigen Vermittler?
Ich bin seit 18 Jahren Versicherungsmakler und meine: Offenlegung der Kosten? Ja! Offenlegung der (wie derzeit geplant) Provisionen? Nein!
Dies würde angesichts unserer Neidgesellschaft zu gravierenden Benachteiligungen der selbständigen Versicherungsvermittler führen. Denn man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, ebenso wenig Provisionen des angestellten Außendienstes mit Provisionen der selbständigen Versicherungsvermittler! Diese Position wird AFPA gemeinsam mit den Partnerverbänden aus den EU Nachbarländern in Brüssel nachhaltig vertreten.
Rudolf Lasch, AFPA Vorstand für Versicherungsmakler