Editorial Juni-Juli 2014
Die Adressaten werden im Unklaren darüber gelassen, wie es tatsächlich um ihre Pension und unser staatliches Altersvorsorgemodell bestellt ist. Unser Pensionssystem ist und bleibt ein Umlageverfahren. Daran haben auch die jüngsten Reformen, Harmonisierungen und Stabilitätsgesetze nichts geändert. Es gibt daher weder ein Konto noch ein Sparbuch auf dem Geld verfügbar wäre. Was ein aktiver Arbeitnehmer heute in die Pensionsversicherung einzahlt, wird schon morgen an die heutigen Pensionisten ausgezahlt. Niemand von uns sammelt auch nur einen einzigen realen Euro auf seinem Pensionskonto an.
Das Konstrukt als „Konto“ zu bezeichnen, auf dem „Gutschriften“ erfolgen, kann ein „Vermögen“ vortäuschen, das real nicht vorhanden ist. Es gibt auf diesem Konto kein Geld, das ausgegeben werden kann! Darüber hinaus gibt es auch keine Garantie dafür, dass ein aktives Arbeitsleben über das Regelpensionsalter hinaus am Ende des Tages tatsächlich zu einer höheren Pension führt. Aufgrund der chronischen Geldnot des Staates sind weitere Pensionsreformen höchst wahrscheinlich.
Positiv ist aber, dass es mit dem Pensionskonto erstmals eine größtmögliche Transparenz gibt. Nehmen wir als Beispiel einen 38-jährigen Angestellten, der mit 20 Jahren zu arbeiten begonnen hat und derzeit rund EUR 1.800,00 netto verdient. Er würde eine Pensionskontoerstgutschrift mit einem Monatsrentenwert von rund EUR 540,00 erhalten. Diese Summe sorgt im Gegensatz zum alten Pensionssystem erstmals für Transparenz und macht die drohende Versorgungslücke deutlich sichtbar. Ein anderes Beispiel zeigt, wie wichtig die Kontrolle der Versicherungs- und Beitragszeiten ist: So erhält eine 45-jährige Akademikerin mit mehr als fünf Auslandsdienstjahren und überdurchschnittlichem Einkommen eine Erstgutschrift in Höhe von knapp EUR 12.000,00 – was einer aktuellen Bruttopension von rund EUR 850,00 entsprechen würde. Hier fehlen die Auslandsdienstjahre, die dringend nachgereicht werden müssen.
Eine begleitende Aufklärungskampagne wäre jetzt extrem wichtig. Die Menschen müssen wissen, wie diese Kontoinformation zu verstehen ist und wie die offensichtliche Vorsorgelücke durch rechtzeitige private Vorsorgelösungen geschlossen werden kann. In diesem Zusammenhang könnte die finanzielle Eigenverantwortlichkeit der Menschen durch entsprechende Steueranreize unterstützt werden.
Hermann Stöckl
AFPA Vorstand