Editorial Oktober 2012
Das Wichtigste in Kürze:
Keine Unterscheidung mehr in „abhängige“ und „unabhängige“ Beratung
Die MiFID-2 Bestimmungen sollen auf ALLE Wertpapierfirmen gleichermaßen angewendet werden.
Einbeziehen der Versicherungsunternehmen und ihrer Angestellten
Der Außendienst der Versicherungen soll ebenfalls die MiFID-2 Bestimmungen einhalten.
Verpflichtende Frauenquote im Management
Wertpapierfirmen müssen innerhalb von 2 Jahren zumindest 1/3 weibliche Mitglieder im Management haben.
Anpassung der Vergütungssysteme
Orientierung nicht vorrangig nach Verkaufserfolg oder Profitabilität, sondern entsprechend Eignung von Leistung und Produkten für Kunden.
Produktpolitik mit Zielgruppen und passenden Produkten
WPF sollen vor dem Verkauf von Produkten Kundenkategorien definieren. Kriterien sind z.B. Einkommen, Risikoneigung, Alter. Diesen Kundensegmenten werden bestimmte Produktgruppen zugeordnet. Ihnen sollen keine anderen als diese geeigneten Finanzprodukte verkauft werden. Zur laufenden Dokumentation sollen vermehrt Telefonate und Mailverkehr aufgezeichnet werden.
Mitgliedstaaten können plötzlich entscheiden, ob sie Provisionen verbieten
WPF müssen standardisiert alle Provisionen und Inducements gegenüber Kunden offenlegen. Für ihre Leistungen können sie entweder Provisionen und Inducements erhalten oder ein Honorar. Im Fall des Honorars müssen alle Provisionen an den Kunden weitergegeben werden. Es steht Mitgliedstaaten frei, Provisionen für ALLE zu verbieten.
Schärfere Ausbildungsverpflichtung und Bereitstellung von Arbeitsmitteln
Es muss nachweisbar sichergestellt sein, dass alle angebundenen Vermittler das erforderliche Fach- und Produktwissen haben. Telefon- und Mailaufzeichnungen sind nur dann zulässig, wenn die Berater Betriebsmittel der WPF einsetzen (z.B. Laptop, Handy). WPF können in gewissem Rahmen selbst (ohne Behörde) entscheiden, ob ein Vermittler geeignet ist.
Kurzanalyse:
- Der neue Text geht auf eine Initiative der Sozialdemokratischen Fraktion im EU Parlament zurück. Er wurde völlig überraschend heute eingebracht. Es gibt zum aktuellen Zeitpunkt davon noch nicht einmal keine offizielle Fassung.
- Die vorgeschlagene Definition von Zielgruppen für bestimmte Produktkategorien würde mehr internen Arbeitsaufwand sowie eine verstärkte Ausbildung der Vermittler erfordern. Neu ist sie aber nicht, eher eine detaillierte Formulierung dessen, was die MiFID-1 bereits festschrieb: Kunden sind zu analysieren und sollen nur geeignete Produkte kaufen.
- Die plötzliche „Freiheit“ bei der Vergütung (Provision oder Honorar) wird durch die Art der Formulierung stark relativiert. Mitgliedstaaten können nun im Alleingang entscheiden, ob sie Provisionen verbieten. Hier wäre eine klare europaweit einheitliche Regelung besser. Die EU spielt den Ball an die nationalen Parlamente zurück und riskiert damit, dass – erneut – 27 unterschiedliche Umsetzungen ein und derselben Richtlinie kommen.
- Die verstärkten Aufzeichnungspflichten und die Anschaffung von Arbeitsmitteln für Berater erhöhen neuerlich die Kosten für IT und Compliance.
Nächste Schritte:
Johannes Muschik und die Kollegen von FECIF haben im Oktober zahlreiche weitere Termine u.a. mit Vertretern der Banken, Versicherungen, Kleinanlegern sowie den EU Aufsichtsbehörden in Paris, Frankfurt und London. Ergebnisse werden laufend im NL an die Mitglieder gesendet.
Das EU Parlament stimmt voraussichtlich am 23. Oktober über MiFID-2 ab. Danach tritt es mit dem EU Ministerrat zusammen, um den endgültigen Text auszufeilen.
Johannes Muschik
Vorsitzender des Vorstandes