Editorial November 2012

Veröffentlicht am Donnerstag, 04. Oktober 2012, 18:21

Provision vs. Provisionsverbot = Sachargumente vs. Ideologie

Die Verhandlungen über die MIFID II gehen in die Endphase und es wird intensiv um das Thema Provisionen (Verbot, Offenlegung) gerungen. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden diese Ergebnisse auch in die kommende IMD II (Versicherungsvermittler-Richtlinie) Einzug finden.

Doch während die Beratungen dazu im EU Parlament erst beginnen, findet in Österreich anscheinend schon jetzt ein „Kampf der Ideologien“ statt. Auf der einen Seite die selbständigen Versicherungsvermittler, die mit Sachargumenten nachweisen, dass sich Provisionen jahrzehntelang bewährt haben. Auf der anderen Seite Vertreter des Konsumentenschutzes, die Provisionen grundsätzlich schlecht finden, sie offenlegen oder gleich ganz verbieten möchten. Um den Kampf zu eröffnen hat sich die Gegenseite der „Privaten Pension“ angenommen.

Der Verein für Konsumenteninformation führte unlängst eine „Untersuchung“ mit 40 Beratern (Banken, Versicherungen, selbständige Vermittler) durch. Die wurden von anonymen Testkunden eingeladen, Angebote für eine Privatvorsorge zu legen. Dabei konnten bzw. sollten sie Lebensversicherungen anbieten. Im Nachhinein wurden alle dafür gerügt, dass sie ausschließlich diese Produkte empfohlen hätten (nachzulesen in der Zeitschrift „Konsument“).

Die Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) verschickte kürzlich eine Broschüre mit dem viel sagenden Titel „Pensionspanorama“ an alle Arbeitnehmer bis 30 Jahre. Unter Leitung des Karikaturisten Gerhard Haderer fertigten Kunststudenten Cartoons an, in denen sie Versicherungsvermittler als „Monster von heute“ schmähten. Auf einer Zeichnung ist beispielsweise zu sehen, wie ein Versicherungsmitarbeiter ein kleines Mädchen in sein Auto lockt womit eine Parallele zwischen ihm und einem Pädophilen gezogen wird. In einem anderen Bild wird ein weinendes Baby von einem Berater mit einer „Windelvorsorge“ bedrängt.

Weitere Cartoons bezeichnen Private Pensionsvorsorgen wörtlich als „Raub“, „Scheiße“ oder „Beschiss“ und bilden Vergleiche mit den Aufdrucken auf Zigarettenschachteln („Versicherungen ziehen Dir das Geld aus der Tasche“) ab. Im Editorial brüstet sich Gerhard Haderer damit, dass er und die Kunststudenten bei diesem Werk „viel gelacht“ hätten und „wirklich anständig honoriert“ wurden. Bezahlt wurden die „Künstler“, der Druck sowie der Postversand an zehntausende Empfänger mit den Pflichtmitgliedsbeiträgen der oberösterreichischen Arbeitnehmer, zu denen auch tausende Angestellte der Versicherungswirtschaft gehören.

Beide Aktionen deuten darauf hin, dass den Kritikern des Provisionssystems die sachlichen Argumente ausgehen. Warum sonst sollten auf einmal solch „niedere Instinkte“ zum Vorschein kommen? Ich meine, mit so einer Vorgehensweise ist niemandem gedient, am allerwenigsten den Konsumenten, die gerade heute Orientierung und Sicherheit bei uns, den Versicherungsvermittlern und Finanzberatern, suchen. Es lässt sich trefflich diskutieren, wie unsere Dienstleistung bezahlt werden soll.

Aber die Entscheidung darüber, ob dies mittels Provisionen oder einem Honorar erfolgt möge man bitte jenen überlassen, die es betrifft: Unsere Kunden! Und hier zeigt die Praxis: Vor die Wahl gestellt, entscheidet sich die zum überwiegenden Teil für die Bezahlung mittels Provision, bei der das wirtschaftliche Risiko so lange beim Berater liegt, bis der Konsument zufrieden ist. Die Bezahlung findet also erst statt, nachdem man sich für den Produktvorschlag des Beraters entschieden hat.

Ich hoffe sehr, dass wir für die Erarbeitung der IMD II wieder zu einem seriösen und sachlichen Austausch der Argumente zurückfinden und einige wenige „Scharfmacher“ in den Reihen der selbsternannten Gegner der Versicherungsbranche vom Großteil der gemäßigten und vernünftigen Konsumentenschützer eingebremst werden. Die finanzielle Nahversorgung der österreichischen Bevölkerung ist viel zu wichtig, um als Schauplatz für ideologische Grabenkämpfe her zu halten. Ein Provisionsverbot würde selbständige Vermittler aus dem Markt drängen („Maklersterben“) wodurch Versicherungsunternehmen dann in der Lage wären, das Prämienniveau zu Lasten der Konsumenten zu erhöhen. Daran können Konsumentenschützer, die diese Bezeichnung auch verdienen, sicher kein Interesse haben.

Rudolf Lasch,
AFPA Vorstand für Versicherungsmakler